Projekt "Daddy loves you" Part I und Part II
Hängematte
(Festhalten und Halt geben)
In ihrem Projekt "Daddy loves you, Part II" hat Barbara Rossi eine raumgreifende
Installation realisiert, die zum Mitmachen auffordert. Eine Hängematte spannt sich durch
den Raum - man kann sich hineinlegen, zuhören, seine Umgebung betrachten.
Abbildungen von Tauben hängen an der Wand und im Hintergrund ist Gegurre zu hören.
Ein Kopfhörer liegt bereit. Wer ihn aufsetzt, hört gesprochene Sätze.
Der Vater der Künstlerin züchtete Tauben, Originalstimmen der väterlichen Tauben sind
zu hören - ebenso wie die des Vaters. Von einem anderen Tonband hört man liebevolle,
Halt gebende Worte, die Väter ihren Kindern gesagt haben. Barbara Rossi hat sie in ihrem
Bekanntenkreis gesammelt, sie sind jedoch nicht im Original zu hören, sondern auf Englisch. Eine Annäherung und gleichzeitig eine Verfremdung, denn ihr Vater war Englischlehrer.
Auch die Hängematte enthält einen Hinweis auf ihn - einen eingenähten Original-Schlafanzug.
Die Hängematte: Symbol dafür, sich einmal "hängen lassen" zu dürfen, aber auch etwas,
das Halt gibt. Damit sind Wünsche eines Kindes thematisiert. Und auch so mancher
Erwachsener sehnt sich danach. Doch was ist Wunschdenken und was ist in den Beziehungen
zu anderen Menschen möglich und realistisch? So kann die Hängematte auch ein Ort sein,
der zu einer Reise in das eigene Erleben einlädt.
Film
(Sich befreien und loslassen)
In einem Film, der in Zusammenarbeit mit Klaus und Monika Bosch de Santos entstand,
hat Barbara Rossi den Tod ihres Vaters verarbeitet. Von Klaus stammen die bewegten Bilder,
von Monika die klassisch fotografierten. Zu sehen ist die Künstlerin selbst - sie springt in einem
schwarzen Anzug ihres Vaters von einem hohen Sprungbrett ins tiefe Wasser.
Es war eine Aktion, die ihr Angst gemacht hat, bei der sie fror und die anstrengend war.
Im kalten Wasser schwimmend, entledigt sie sich des Anzuges. Und sie zeigt die Handschrift
ihres Vaters auf einer Todesanzeige, die er ihr einmal zugesendet hat. Hier findet sich der
Hinweis darauf, wie es zur Entstehung von "Daddy loves you" kam.
Der Tod als Endpunkt einer Beziehung
In diesen Projekten geht es nicht um den Tod an sich, sondern um den Tod als Endpunkt
einer Beziehung. Es ist ein Punkt, an dem es nichts mehr gibt, was sich aufschieben oder
aussitzen ließe. Einen Punkt, an dem man nur noch Rückschau halten und Resümee ziehen
kann - und es vielleicht sogar sollte. Welche Rolle hatte ich früher in der Familiensituation,
welche Teile dieser Rolle trage ich heute noch mit mir herum? Es gilt eben auch, sich davon
"freizuschwimmen".
Festhalten und Halt geben auf der einen Seite und sich befreien und Loslassen
auf der anderen: Beides gehört zusammen, nicht nur beim Sterben, auch beim
Erwachsen werden - und eigentlich immer im Leben.